Vom Schmerz

Im vedischen Tageskalender heißt es: 

 

„Maximales Vergnügen“, „Abwechslung“ und „Abenteuer“ ist die Lebens-Maxime eines ungereiften Menschen.

 

Schmerz ist ein Gefühl, mit dem die Menschen oft ein ambivalentes Verhältnis haben und dessen Schlüsselrolle den meisten Menschen nicht bewusst ist. Man wird die Erfahrung gemacht haben, dass ein Leben, das sich dagegen stemmt, an die Oberfläche gedrückt wird. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Vermeidung dieses Herzgefühls und der Verflachung des gesamten Bewusstseins.

 

Schmerz ist nicht das Eintrittstor in eine Welt des Leidens, sondern ein Schlüssel, die verflachte Seichtigkeit des Daseins zu verlassen, wenn man ihn einen einzigen Augenblick ohne jeglichen Widerstand annimmt. Genauso wie die Schmerzvermeidung gibt es aber auch das Missverständnis auf der anderen Seite: sich ein Leben lang im Schmerz zu suhlen....was eine träge Sucht darstellt.

 

Schmerz ist ein Empfinden, das der Mensch in den meisten Fällen versucht, um jeden Preis zu vermeiden. Ob auf der körperlichen oder der geistig, emotionalen Ebene- wir versuchen oft, die Kontrolle zu behalten, um Zustände des Schmerzes auszublenden und wenn dieses Empfinden in unser Leben trifft, suchen wir zuerst nach dem Schalter, an dem wir den Schmerz abschalten können (durch Medikamente, durch Ablenkung, durch bestimmte Anwendung...)

 

Der Schmerz ist ein Schlüssel, der, wenn wir uns ihm bewusst und liebevoll widmen, große Türen öffnen kann. Jedes Mal, wenn das Empfinden von Schmerz auftaucht, ist dies ein Signal, inne zu halten und zunächst nur einmal zu fühlen und dieses Empfinden wirklich in allem Umfang wahrzunehmen und wie ein Zuschauer zu betrachten. 

Selbst die Gedanken, die im Zusammenhang mit dem Schmerz auftauchen, sind es wert, beobachtet zu werden. 

Im Zustand der neutralen Betrachtung ist es möglich, jedes Urteil und sogar die Definition für den Schmerz aufzulösen. Dies sind die Hauptverursacher für den Widerstand, der mit dem Schmerz einhergeht und diesen auch zu verstärken und abzumildern vermag. Wie im vedischen Text beschrieben, treten wir durch das Tor in eine erweiterte Wahrnehmung dessen, was unser Mensch Sein ausmacht.  

Meist geht dies mit einer tiefen Entspannung einher und nicht selten kann sich ein Schmerz in diesem Zustand wieder lösen. Immer wenn wir Schmerz empfinden, ist dies eine Verdichtung von Energie, die wir auch Widerstand nennen. Wenn wir den Schmerz zunächst wahrnehmen, dann anerkennen und in unsere Arme schließen, löst sich ein großer Widerstand. Wir werden durchlässig und umso mehr lösen sich Ladung und Dramatik des Schmerzes auf und wir sind frei. 

 

Schmerz ist ein Lehrer, den wir manchmal brauchen, um uns selbst zu spüren oder auch um ein Tor dahin zu finden, wo sich die Antwort auf ein lang vergrabenes Thema befindet.

Schmerz ermutigt uns, in die Selbstverantwortung zu gehen. Wir haben als Mensch die Wahl, uns entweder im Schmerz zu "suhlen" und die Opferrolle einzunehmen oder den Schmerz als Chance zu erkennen, durch die wir der Wahrheit und der Großartigkeit in uns näher kommen.

 

Heissen wir also auch oder gerade den Schmerz willkommen, als großen Lehrmeister, dem wir uns zuwenden dürfen um einen wahrhaftigen Freund darin zu finden